Yearly Archives: 2015
Berber in Nordafrika: Anpassung und Rebellion – Filmvorführung „Azul“
Vergangenen Mittwoch fiel der Startschuss zu unserer diesjährigen 14km Film- und Diskussionsreihe im Filmrauschpalast Moabit. Den Anfang der Reihe machte der Film „Azul“ des tunesischen Regisseurs Wassim Korbi, der selbst zur indigenen Bevölkerungsgruppe der Imazighen (Sg. Amazigh, gewöhnlich „Berber“ genannt) gehört. Im Anschluss gab Abderrahmane Ammar, Berber-Experte, Soziologe an der Humboldt-Universität zu Berlin und freier Journalist, Einblicke in die Amazigh-Kultur und die politische und soziale Situation der indigenen Bevölkerung in Nordafrika. Der Film begleitet die Reise des Regisseurs in das Heimatdorf seines Vaters, in das er sich auf der Suche nach seinen kulturellen Wurzeln begibt. „Azul“ ist die Begrüßungsformel in Tamazight, der Berbersprache, und Sprache ist ein zentrales Thema, das die Berber, die im Film zu Wort kommen, bewegt. Stolz präsentieren sie sich vor den jahrhundertealten Ruinen historischer Bauwerke ihrer Kultur oder aber – im Kontrast dazu – in den verlassenen Straßen heruntergekommener Dörfer. Sie wünschen sich Anerkennung als indigene Bevölkerungsgruppe mit eigener Geschichte, Kultur und Sprache und nutzen die Öffnung des politischen Raums infolge der Revolution 2011, um erstmals diesen Wunsch nach Anerkennung zu artikulieren. Die Geschichte der Berber, die heute in Marokko, Tunesien, Algerien, Libyen und Ägypten leben, ist geprägt von der Vorherrschaft anderer Völker in ihrer Heimat – zunächst der Römer, dann der Araber und später der Franzosen und Italiener. „Anpassung und Rebellion“ seien daher die einzigen Optionen gewesen, die den Berbern unter der Fremdherrschaft offenstanden, erklärte der Soziologe und marokkanische Berber Abderrahmane Ammar, der als Gesprächspartner für die an den Film anschließende Diskussion eingeladen war. Als „freie Menschen“ – so lässt sich der Begriff „Imazighen“ ins Deutsche übersetzen – hätten sie sich jedoch zumeist für die Nicht-Anpassung und den Rückzug in die Gebirgsregionen entschieden, um im Kreis der Familie ihre Kultur zu pflegen und der Unterdrückung durch die Fremdherrscher zu entgehen. Tätowierungen waren eine Form der Rebellion: Die Zeichen und Ornamente, die häufig die Handrücken der Männer schmücken, geben Auskunft über Stammeszugehörigkeit und Religion und galten unter muslimischer Herrschaft als verboten. Heute wählt die Jugend andere Mittel, um ihre Identifikation auszudrücken und sich gegen Diskriminierung zu wehren. Im Film werden junge Männer gezeigt, die sich mit Rapmusik Gehör bei der eigenen Community und der breiten Gesellschaft verschaffen. Grund zur Rebellion gibt es noch immer: In Tunesien wurde unter den Regierungen Bourguibas und Ben Alis eine strikt nationalistische politische Linie verfolgt, die Araber und die arabische Sprache in den Fokus rückte, wie die im Film porträtierten Berber beklagen. Die Berberkultur diente dagegen lediglich als folkloristischer Putz, mit dem sich im Tourismus gut Geld verdienen ließ. Vertreter dieser national-arabischen Einstellung sind heute wieder unter den politischen Entscheidungsträgern ebenso wie Repräsentanten des politischen Islam, die den Berbern teilweise Atheismus vorwerfen oder mit der Rolle der Frau in der Berberkultur nicht einverstanden sind. So beschwört eine junge Tunesierin im Film auch das Bild der „Mère Amazigh“ (die Amazigh-Mutter), in der sie aufgrund ihres Status als freier Frau mit Geschichte und Tradition eine Symbolfigur der politischen Opposition sieht. Tatsächlich klärte Abderrahmane Ammar im anschließenden Gespräch über die starke Stellung der Frau in einigen Berberstämmen auf. Bei den Tuareg beispielsweise werde die Frau im Erbrecht bevorteilt und es sei üblich, dass die Frau ihren Ehemann selbst wählt. In der Diskussion mit den Gästen, unter denen sich auch einige TunesierInnen befanden, ging es im Anschluss hauptsächlich um die aktuelle sozio-politische Lage und die Perspektive in den verschiedenen nordafrikanischen Ländern. Abderrahmane Ammar verdeutlichte, dass gerade in einigen Ländern Bevölkerungsstatistiken tendenziell gefälscht würden, um den wahren Anteil der Berber an der Bevölkerung zu vertuschen und ihnen einen Minderheitenstatus aufzudrücken. Tatsächlich seien die Berber in Marokko jedoch in der Mehrheit, während sie in Tunesien und Libyen etwa die Hälfte der Bevölkerung stellten und in Ägypten etwa 10.000 von ihnen lebten. Rechtlich seien die Berber in Marokko am besten gestellt – dort sind sie seit 2011 politisch anerkannt und ihre Sprache ist Pflichtfach an der Schule. In Algerien sei zwar die politische Anerkennung schon früh erfolgt, jedoch seien die Berber aufgrund von Diskriminierung wirtschaftlich so abgehängt, dass sich in der Kabylei eine Unabhängigkeitsbewegung gebildet habe. Nach der Diskriminierung unter Gaddafi kämpften die Berber in Libyen nun ebenfalls um Anerkennung; in Ägypten werde dieser Kampf hauptsächlich in intellektueller Auseinandersetzung geführt. In Tunesien regt sich nun in der jungen Generation neuer Stolz für die Herkunft und kulturelle Identität. Erst mit einem hohen Bildungsstand und internationaler Erfahrung konnte die Jugend die Scham der Elterngeneration überwinden, die sich der herrschenden Meinung von den dummen „Barbaren“ nicht widersetzte. Wenn auch noch keine Struktur für eine politische Interessenvertretung gefunden wurde, so ist eines der besten Beispiele für das erstarkte Selbstbewusstsein genau dieser Film von Wassim Korbi – „Azul“: Hallo, hier sind wir! Vielen Dank an Abderrahmane Ammar für die interessanten Einblicke und an alle Gäste für ihr Kommen und die anregende Diskussion! Veranstaltungsleitung und Moderation: Andreas Fricke Text: Susanne Kappe Fotos: Silvia Liminiana Organisation: das ehrenamtliche 14km Film Team In der 14km-Filmdatenbank finden Sie weitere Filme zum Thema Amazigh (Berber). Die Internetseite Tlaxcala dokumentiert die Amazigh-Sprache. Vielen Dank an unseren Gast Hamid Behetschi für den Hinweis. Die Gesellschaft für bedrohte Völker führt die Sprachen der Amazigh (Berber, Masiren) in ihrem Geschäftsbericht Nr. 63 (März 2010) auf, Seite 14ff. Deutschsprachiges Amazigh-Forum. Internationales Amazigh-Forum. Die 14km Film- und Diskussionsreihe wird 2015 mit Haushaltsmitteln des Landes Berlin – Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit – gefördert. Thema der kommenden Veranstaltung sind KINDER des Nahen Ostens im (Bürger-) Krieg und auf der Flucht. 14km präsentiert dazu den mehrfach prämierten Spielfilm "Schildkröten können fliegen" von Bahman Ghobadi (Iran/Irak 2005) im Original (Kurdisch) mit deutschen Untertiteln. Termin: Mittwoch, 22. Juli 2015 ab 18:30 Uhr im Filmrauschpalast Berlin Moabit. Weitere Film- und Diskussionsabende sind an folgenden Terminen in Planung: 26. August / 16. September / 07. Oktober / 28. Oktober / 18. November / 9. Dezember Wir bedanken uns für die Unterstützung:
Amazigh (Berber) in Tunesien: AZUL
14km Film- und Diskussionsabend
"AZUL" (Dokumentarfilm, Tunesien, 2013, OmeU, 43 min) von Wassim Korbi am Mittwoch, 24. Juni 2015 um 18:30 im Filmrauschpalast, Lehrter Straße 35, 10557 Berlin Moabit 14km e.V. präsentiert den ersten Filmabend der 14km Film und Diskussionsreihe 2015. Thema des Abends ist die indigene Kultur der Amazigh (Berber) in Tunesien sowie deren Stellung als Minderheit in der tunesischen Gesellschaft. 14km zeigt den tunesischen Dokumentarfilm "AZUL" von Wassim Korbi im Original (arabisch, französisch, tamazigh) mit englischen Untertiteln. Der Regisseur beschreibt seinen persönlichen Weg in das Heimatdorf seines Vaters, in dessen Umgebung die Kultur der Amazigh noch sichtbar und lebendig ist. Korbi ermöglicht einen Einblick in die Kultur und in die Lage der Amazigh in Tunesien bis Juni 2013. Im Anschluss folgt ein offenes Publikumsgespräch, um Eindrücke und Informationen zur Kultur der Amazigh (Berber) und deren politisch-sozialer Lage im heutigen Tunesien zu vertiefen. Dazu sind eingeladen: Khouloud Madhaoui (Amazigh, Filmemacherin) und Abderrahmane Ammar (Berber-Experte, Soziologe an der Humboldt-Universität zu Berlin; freier Journalist). Das Gespräch findet voraussichtlich überwiegend auf Englisch statt. Die Teilnahme ist frei, um eine freiwillige Spende wird gebeten. Veranstaltungsort ist der Filmrauschpalast in der Kulturfabrik in Berlin Moabit statt (Lehrter Straße 35, 10557 Berlin). Die Diskussion endet spätestens um 21:30 Uhr. Facebook-Event Die 14km Film- und Diskussionsreihe wird 2015 mit Haushaltsmitteln des Landes Berlin – Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit - gefördert. Weitere Film- und Diskussionsabende sind an folgenden Terminen in Planung: 22. Juli / 26. August / 16. September / 07. Oktober / 28. Oktober / 18. November / 9. Dezember Die Veranstaltungen widmen sich einem einzelnen Land oder einem spezifischem Thema, um mittels eines aktuellen Films einen künstlerisch-dokumentarischen Einblick zu ermöglichen. Anschliessend wird das Thema in einem offenen Publikumsgespräch mit einer Person aus Berlin mit persönlichen Erfahrungen (Zeitzeuge, Migrationshintergrund) sowie einer Referent/in aus der Wissenschaft intensiv erörtert werden, immer auch mit Bezug zu Nord-Süd-Verhältnissen. Wir bedanken uns für die Unterstützung:
“Ich werde bestimmt bald wiederkommen!” – Anna-Lena Erhard über ihr Praktikum beim Al-Thoria Studies Center in Amman
Ich habe sechs Wochen lang Einblicke in die Arbeit des Al-Thoria Center for Studies, Training and Consultation bekommen und dabei viele Eindrücke gewonnen. Al-Thoria ist eine Organisation mit vier festen Mitarbeitern und einem kleinen Büro in Amman, aber einem sehr grossen Wirkungsbereich. Die Organisation setzt Projekte in ganz Jordanien um. Ihre Hauptziele sind es, ein demokratisches Wertebild zu vertreten und die politische Partizipation, speziell von jungen Erwachsenen, zu fördern. Das zweite große Feld, in dem das Center arbeitet, betrifft das Frauenbild in Jordanien. Al-Thoria setzt sich in verschiedenen Projekten für die Partizipation von Frauen im politischen und gesellschaftlichen Leben und für Chancengleichheit und Gleichberechtigung in verschiedenen Aspekten wie Bildung, Kultur und öffentlicher Teilnahme an verschiedensten Aktivitäten ein. Obwohl die Möglichkeiten für Frauen, Bildungsmöglichkeiten wahrzunehmen und sich zu engagieren, vom Gesetz her grösstenteils gut verankert sind, stehen oft konservative Traditionen und Wertebilder der Umsetzung im Weg. Al-Thoria setzt daher vorallem auf Workshops, Seminare und Treffen sowohl für Lokalpolitikern als auch für Bürger im allgemeinen. Außerdem führt die Organisation immer wieder Befragungen und Studien zum Wertebild und der Partizipation in der Bevölkerung durch; diese Berichte werden dann mit Empfehlungen für Massnahmen Politikern oder dem jordanischen Parlament vorgelegt. Der große Vorteil für mich war, dass ich in alle Arbeitsbereiche einer NGO Einblick bekommen habe. Wir waren für ein Gespräch über Projektfinanzierungen in der britischen Botschaft, ich habe die Mitarbeiter zu Workshops und Treffen mit Lokalpolitikern begleitet und für zukünftige Projekte recherchiert. Ich habe Berichte und Einleitungen über Projekte und Studien der Organisation geschrieben und Finanzierungsanträge überprüft. Für eine Studie habe ich die Ergebnisse graphisch veranschaulicht und Zusammenfassungen über andere Projekte für die Website von Al-Thoria geschrieben. Für ein aktuelles Projekt haben wir zusammen mit einer Filmemacherin an einer Dokumentation über die Arbeit in den Gemeinden gedreht und dafür Lokalpolitiker interviewt. Außerdem habe ich mich am Design für einen neuen Flyer versucht. An manchen Tagen gab es auch administrative Aufgaben für mich, etwa Kontaktdaten in ein neues Computerprogramm übertragen oder Anwesendheitslisten digitalisieren. Auch das sind Aufgaben, die in einer NGO anfallen. Der Höhepunkt meiner Arbeit war auf jeden Fall, dass ich mir das Konzept für ein zukünftiges Projekt ausdenken durfte. Das Ziel des Projekts ist, die Partizipation von jungen Erwachsenen zu fördern, und die Idee ist, in Planspielen die Arbeitsweise der Gemeinden in Jordanien zu simulieren und so Lösungen für reale Probleme der dortigen Bevölkerung zu finden. Neben diesem Kernseminaren soll es noch weitere Treffen und Aktivitäten geben. Mit einer Mitarbeiterin habe ich das Konzept ausformuliert und bei Ausschreibungen Fördergelder eingeworben. Al-Thoria hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit meinen Ideen einzubringen und diese gemeinsam versuchen umzusetzen. Als ich dort angefangen habe, konnte ich nur ein kleines bisschen Arabisch, meine Mitarbeiter haben auch fast nur Englisch mit mir geredet. Mein Arabisch ist zwar nicht viel flüssiger geworden, ich verstehe aber viel mehr, da ja auch alle Treffen und Seminare, bei denen ich dabei war, auf Arabisch waren. Die zwei Monate waren mein erster längerer Aufenthalt in der MENA-Region, und Amman macht den Einstieg leicht. Gefühlt jede Woche findet ein anderes Filmfestival statt (besonders palästinensische Kurzfilme und Filme zu Frauenrechten sind beliebt) und es gibt viele kleine Galerien und Cafés. Die vielen steilen Hügel haben ein besonderes Flair, und ich hatte das Glück, die Stadt sowohl schneebedeckt (gleich in der ersten Woche gab es schneefrei) als auch warme Sommerabende zu erleben. Meine WG habe ich innerhalb von zwei Tagen vor Ort gefunden, es lohnt sich auf Internetforen oder an schwarzen Brettern zu suchen. Ich habe mit einer Französin, einer Italienerin und einem Jordanier (was schon ungewöhnlich ist in der Region) zusammengewohnt. So konnte ich meine Arabischkenntnisse verbessern. Ich war aber auch manchmal froh, andere Expats um mich zu haben. Was mir nicht so leicht gefallen ist, war, damit umzugehen, wie man manchmal als Frau behandelt wird. Es kommt immer wieder vor, dass man auf der Strasse unangenehm gemustert wird oder anzügliche Kommentare fallen. Das war ich nicht gewohnt, und es hat mir widerstrebt, nur mit gesenkem Blick durch die Straßen zu laufen. Nach zwei Wochen habe ich dann allerdings Strategien gefunden, damit umzugehen. Da hat es schon gut getan, sich mit anderen Ausländerinnen in Jordanien austauschen zu können, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Durch das konservative Wertebild, das in Teilen der Gesellschaft noch verbreitet ist, und der Tatsache, dass junge Frauen und Männer in der Regel kaum miteinander befreundet sind, halten sich in bei einigen Stereotype zum Frauenbild, auch bezüglich europäischen Frauen. Diese vereinzelten Erlebnisse haben mir gezeigt, wie wichtig der Austausch und die Arbeit von Organisationen wie 14 km e.V. und Al-Thoria ist. Durch Kontakt und Begegnungen können Klischees und Vorurteile - auf beiden Seiten! - effektiv abgebaut werden. Ich glaube, für mich hat der Aufenthalt neue Denkansätze und mehr Verständnis für Menschen und besonders der Wichtigkeit von Chancengleichheit und individueller Freiheit gebracht. Insgesamt war ich besonders beeindruckt von der umwerfenden Gastfreundschaft der vielen Menschen, denen ich begegnet bin. In den letzten beiden Wochen meines Aufenthalts bin ich durchs Land gereist und habe viele unterschiedliche und unvergessliche Landschaften gesehen. Das Tal in Dana, die Felsenstadt Petra, die Landschaft in Wadi Rum, das tote Meer, Ruinen in Jerash, Ajloun und Kerak, das Rote Meer und noch viel mehr – in Jordanien gibt es viel zu entdecken und geniessen! Die Region ist wunderschön und hat so viele Facetten an Kultur und Geschichte zu bieten. Ich werde bestimmt bald wiederkommen!
“ReliXchange”-Projekt erfolgreich abgeschlossen – Materialien veröffentlicht
Ende Dezember 2014 schlossen 14km e.V. und die ägyptische NGO „New Horizon“ das Projekt „ReliXchange – ein interreligiöser Jugendaustausch zwischen Deutschland und Ägypten“ erfolgreich ab. Im Zuge des Projekts wurden diverse Bildungsmaterialien entwickelt, die 14km als freie Bildungsressourcen zur Verfügung stellt. Ein Doku-Video zeigt zudem die schönsten Momente des Austauschs. “Don’t cry because it is over, smile because it happened” (Dr.Seuss) – mit diesem Satz eröffneten die jugendlichen Teilnehmenden des “ReliXchange” ihren letzten Blogeintrag über das Projekt. Insgesamt zehn Programmtage lang dokumentierten sie ihre gemeinsamen Erlebnisse in Berlin und Kairo. Während dieser Zeit erlebten die 10 Deutschen und 10 Ägypter/innen zwischen 18 und 26 Jahren Religion und Kultur in Deutschland und Ägypten. Sie lernten jeden Tag etwas Neues über die sogenannten abrahamitischen Religionen (oder auch Buchreligionen) und beschäftigten sich mit der Situation und Stellung dieser Religionsgemeinschaften in den beiden Ländern. Insbesondere machten sie sich Gedanken über das Verhältnis zwischen religiösen Minderheiten und Mehrheiten – darüber, wie es ist und darüber, wie es sein sollte –, über religions- und kulturbezogene Diskriminierung und Unterdrückung, und darüber, wie Religion auch immer mit Staat, Individuum und Gesellschaft auf vielfältige Weise verknüpft ist. Ein intensives Programm mit innovativen Methoden Das Programm beinhaltete zahlreiche Führungen durch religiöse Stätten in beiden Ländern (z.B. die Zitadelle in Kairo und die Synagoge am Fraenkelufer in Berlin), Diskussionsrunden mit Expert/innen zu verschiedenen Themen (z.B. zu Frauen im Islam oder den Bahá’í als religiöse Minderheit in Deutschland), einen Besuch im Berliner Anne-Frank-Zentrum und natürlich vielen Diskussions- und Reflektionseinheiten. Ein besonderer Fokus lag jedoch auf kreativ-künstlerischen Methoden. So wurde intensiv mit Methoden des „Theaters der Unterdrückten“ nach Augusto Boal gearbeitet, es fand eine GPS-Bildungstour durch Berlin sowie eine Medienanalyse religiöser Popkultur statt, ein Hip-Hop-Workshop widmete sich dem Thema Religion und Toleranz, in einem Foto-Essay beschäftigten sich die Teilnehmenden mit Religion im öffentlichen Raum in Berlin und Kairo, und in einer Bildergeschichte wurden interreligiöse Beziehungen thematisiert. Veröffentlichung verschiedener freier Bildungsmaterialien Dabei entstanden unterschiedliche Produkte, die auch anderen als Inspiration dienen können, sowie freie Bildungsmaterialien, die für weitere interreligiöse Projekte verwendet werden können. Neben der gelungenen Video-Doku über den „ReliXchange“ soll an dieser Stelle besonders auf den „Methodenkasten internationale interreligiöse Jugendarbeit“ hingewiesen werden, der auf Deutsch, Englisch und sogar Arabisch verfügbar ist und auf der 14km-Webseite zum Download bereitsteht. Die im Projekt entwickelte und erfolgreich getestete GPS-Bildungsroute „Religion in Berlin“ durch Berlin-Mitte ist ebenfalls auf Deutsch und Englisch frei zugänglich und verwendbar. Zusätzlich hat unser Kooperationspartner 1219 e.V. eine weitere interreligiöse Bildungsroute durch Berlin-Südwest erstellt – auch diese steht auf Deutsch und Englisch zur freien Verfügung. Das „Quiz der Religionen“ (auf Englisch) bietet einen unterhaltsamen Einstieg in das Thema der abrahamitischen Religionsgemeinschaften im deutschen Kontext und wurde von der ReliXchange-Gruppe mit Begeisterung gespielt. Der „ReliXchange“-Song „Believe in yourself“ wurde in einem Hip-Hop-Workshop mit Amin Saleh von Rap4Respect kreiert – darin drücken die Teilnehmenden ihre Gedanken und Wünsche zum Thema Religion und Toleranz aus. Der interreligiöse Dialog geht weiter... Für 14km - The shortest distance between North Africa and Europe e.V. und die ägyptische Partnerorganisation „New Horizon Association for Social Development“ (Kairo) war das Austauschprojekt „ReliXchange“ ein großer Erfolg. „Es hat uns sehr froh und stolz gemacht, zu sehen, wie wunderbar offen und interessiert die Teilnehmenden aus Deutschland und Ägypten aufeinander zugegangen sind, und was sich in den zwei Wochen für Freundschaften aufgebaut haben“, so die Projektleiterin Dr. Anja Gebel (14km). Die entstandenen Kontakte werden in einer eigenen Facebook-Gruppe weiter gepflegt – die Teilnehmer/innen tauschen sich dort über interkulturelle und interreligiöse Themen aus, alle paar Tage gibt es neue Posts. Für die Zukunft haben die Teilnehmenden im Projekt aber auch konkretere Pläne dafür entwickelt, wie sie sich im Jahr 2015 für Verständnis und Toleranz zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen und/oder Kulturen einsetzen wollen – z.B. durch Seminare und Diskussionsveranstaltungen an ihrer Uni. ...bei 14km und anderswo Basierend auf dem gelungenen Austausch möchte 14km e.V. dieses Jahr weitere Begegnungsprojekte mit Jugendlichen aus beiden Regionen durchführen. Zwei sind bereits in Planung, die Hoffnungen auf Förderzusagen groß. Gleichzeitig wünscht sich die NGO, dass insbesondere mithilfe der veröffentlichten Materialien auch andere Organisationen und Personen ermuntert werden können, interreligiöse Projekte auf lokaler oder internationaler Ebene durchzuführen. „Wir freuen uns, wenn die Materialien von vielen Interessierten genutzt und weiterverbreitet werden“, so Dr. Gebel. „ReliXchange – ein interreligiöser Jugendaustausch zwischen Deutschland und Ägypten“ fand als Projekt im Rahmen der deutsch-ägyptischen Transformationspartnerschaft statt. Es wurde gefördert durch das Auswärtige Amt, von Brot für die Welt – dem Evangelischen Entwicklungsdienst, sowie aus Mitteln des Programms „Internationale Jugendarbeit“ des Kinder- und Jugendplans des Bundes. Hauptseite: http://14km.org/relixchange/ (deutsch) http://14km.org/relixchange/?lang=en (englisch)
Ein herzliches Dankeschön!
„Zwei lebensverändernde Wochen“, die „kulturelle und religöse Unterschiede überwinden“.
ReliXchange – der deutsch-ägyptische Jugendaustausch für interreligiösen Dialog war ein großartiges Erlebnis, das noch lange gut in Erinnerung bleiben wird. Anfang Dezember trafen sich die Teilnehmenden nach den beiden Programmwochen noch einmal in Berlin und Kairo, jedoch erstmals nicht gemeinsam sondern nach Nationen getrennt. Es wurde zurück geblickt, die eigenen Erlebnisse reflektiert, und Inhalte und Abläufe kritisch hinterfragt. Man sah in die Zukunft und die Teilnehmenden überlegten sich, wie sie ihre persönlichen Erfahrungen weitergeben und ihre Erkenntnisse in eigenen Projekten weiterentwickeln möchten. Und es gab auch ein kurzes Wiedersehen per Videokonferenz mit der anderen Gruppenhälfte jenseits des Mittelmeeres auf dem Nachbarkontinent. Bereits in den ersten Stunden von ReliXchange war eines schnell deutlich geworden: es gibt nur eine ReliXchange-Gruppe, nicht mehrere. Alle gehören zusammen, egal ob nun Deutsche oder Ägypter, Frau oder Mann, religiös oder nicht, Moslem, Sufi, Katholikin, Großstadtmensch oder Landbewohnerin, Protestant, Christlich-Orthodoxer, Koptin oder Atheist. Diese sympathische menschliche Einheit war das größte Geschenk, dass wir als Organisationsteam in Berlin für unseren Einsatz zurück bekommen konnten. Meine Kollegin Anja Gebel und ich, Andreas Fricke, wir werden diese gemeinsame Energie der jungen Teilnehmenden, ihre Erfolge und den Spaß den sie gemeinsam hatten nicht vergessen. Es war dieses Geschenk, dass uns die Strapazen des verzögerten Projektbeginns, Verschiebungen, Umplanungen und Überstunden vergessen ließen und das uns bis heute zum Weiterarbeiten motiviert. Wir möchten uns nochmals herzlichst bei allen Beteiligten bedanken: beim Auswärtigen Amt, bei der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V., bei Brot für die Welt, bei der Deutschen Botschaft Kairo, beim Bundesverwaltungsamt, bei Amin Saleh und Rap4Respect, bei mediale pfade.de Agentur für Medienbildung, bei 1219 Deutsche Stiftung für interreligiösen und interkulturellen Dialog e.V., bei den Trainerinnen und Trainern Sara-Duana Meyer, Gihan Abouzeid, Giovanni Gino Santo, Islam El-Ghazouly, beim Team der New Horizon Association for Social Development, bei Jade Nicole Zoghbi, Lucia Linares und Sara Samir Ashour, bei Sandra Spindler für das ReliXchange-Design, bei den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Evin Kücükali, Mariam Korte, Caroline Bunge, – und natürlich ganz besonders bei allen ReliXchange-Teilnehmenden! Wir blicken mit dem Erfolg von ReliXchange im Rücken zu zukünftigen Projekten von 14km e.V., die die Entfernung zwischen Nordafrika und Europa noch weiter verringern werden. An einigen Zielen wird bereits intensiv und konkret gearbeitet, weitere Austausch- und Begegnungsprojekte sind geplant. Um möglichst viel davon erfolgreich zu verwirklichen bitten wir um zahlreiche Spenden. Je mehr finanzielle Unterstützung wir erhalten, desto einfacher können wir unseren Arbeitsalltag und unsere überwiegend ehrenamtliche Vereinsarbeit organisieren, und desto mehr können wir uns auf Inhalte konzentrieren und weitere Projekte auf den Weg bringen. Dafür schon einmal vielen Dank! Den ReliXchange-Blog schließen nun zwei Zitate aus den Original-Blogs der ReliXchange-Teilnehmenden. Das Blog-Team des ersten von zehn Programmtagen verdeutlichte die allgemeinen Erwartungen und Hoffnungen: „Die Teilnehmenden erwarten nicht weniger als eine neue Perspektive auf Religion – und vielleicht sogar das Leben – zu entdecken!“ Wurden diese Erwartungen der Teilnehmenden erfüllt? Das Blog-Team des letzten Programmtages beschreibt wie erfolgreich ReliXchange die Distanz zwischen Nordafrika und Europa überbrückte: „Durch all die Aktivitäten können wir annehmen, dass sich signifikante Verbindungen innerhalb der Gruppe gebildet haben, die die kulturellen und religiösen Unterschiede überwinden. Nach zwei intensiven lebensverändernden Wochen voller Entdeckungen und Begegnungen fällt es schwer Worte zu finden, um alles auszudrücken, aber es gab Umarmungen, Tränen, Freundschaft, intensive Gefühle, Traurigkeit und Hoffnung...“ Andreas Fricke, Projektkoordinator ReliXchange, im April 2015 Direkte Links zu den Blogs der Teilnehmenden (alle Beiträge im englischen Original): Tag 1 - Tag 2 - Tag 3 - Tag 4 - Tag 5 - Tag 6 - Tag 7 - Tag 8 - Tag 9 - Tag 10 Gefördert durch das Auswärtige Amt, Brot für die Welt – der Evangelische Entwicklungsdienst, sowie aus Mitteln des Programms „Internationale Jugendarbeit“ des Kinder- und Jugendplans des Bundes.