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Marokkos Vielfalt und die Herausforderung, in kurzer Zeit etwas zu bewegen
Praktikumsbericht von Pauline bei Chantiers Sociales Maroc
Diesen Herbst verbrachte ich sechs Wochen in Marokko und absolvierte ein Praktikum über die 14km-Partnerorganisation CSM (Chantiers Sociales Maroc), die ihren Sitz in Rabat hat. Von dort aus werden Freiwillige in Projekte und Gastfamilien der Umgebung vermittelt. In meinem Fall wohnte und arbeitete ich in der Nachbarstadt Salé, die auf der anderen Flussseite, direkt gegenüber der Hauptstadt liegt. Dort wohnte ich bei einer Gastfamilie in dem eher ärmlichen Viertel Sidi Moussa. Meine Gasteltern waren schon sehr “freiwilligenerprobt”, da sie seit über 10 Jahren junge Frauen aus dem deutschsprachigen Ausland aufnehmen und vor allem meine Gastmutter sorgte dafür, dass ich mich dort sehr wohlfühlte. Ich erhielt ein eigenes Zimmer in der kleinen Wohnung, das zuvor meinen nun ausgezogenen Gastbrüdern als Kinderzimmer gedient hatte. Meine Gastmutter setzte mir drei Mal pro Tag leckere marokkanische Speisen vor und ich konnte mich bei Fragen und Unklarheiten immer an beide Gasteltern wenden. Mein Gastvater war gleichzeitig auch der Gründer und Direktor des Frauenzentrums “Nahdat Alhay”, in dem ich offiziell eingesetzt sein würde. Als ich ankam, waren jedoch noch Ferien und das Opferfest - das wichtigste Fest für die Muslime, ähnlich wie bei uns Weihnachten - stand vor der Tür. Meine Arbeit begann also erst zwei Wochen später und ich nutzte die Zeit, meine Umgebung näher zu erkunden. An diesem Punkt wurde eine meiner wenigen Erwartungen nicht erfüllt: Statt direkt arbeiten und die kurze Zeit, die mir blieb, optimal zu nutzen, verzögerte sich mein Arbeitsbeginn, nicht nur durch die zeitlichen Umstände, sondern zusätzlich durch eine Art Projektwechsel. Erst nach meiner Ankunft erfuhr ich, dass es für mich im Frauenzentrum zu diesem Zeitpunkt nur wenig zu tun gäbe und so beschränkte sich mein Engagement dort auf eine Stunde Deutschunterricht pro Tag. Ansonsten verbrachte ich meine Arbeitszeit bei AMDEL, einer Bürgerinitiative, die sich für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung einsetzt. Doch wie bei meinem ursprünglichen Projekt gab es auch hier - bedingt durch den erst langsam anlaufenden Betrieb nach den großen Ferien - nicht allzu viel zu tun. So entschied ich mich, im Anbetracht der anstehenden Parlamentswahlen mehr über das politische System Marokkos herauszufinden. Unsere Kollegen bei AMDEL standen uns mit ihrem Wissen zur Seite und erklärten uns die Situation und die - nach ihrer Sicht - akuten Probleme. Darauf eingehend überlegten mein Mitfreiwilliger vom weltwärts-Programm und ich, einen Informationsfilm zu entwickeln, der den etwas komplizierten Wahlgang und seine einzelnen Etappen schlüssig aufbereitet. Wie viele Leute wir letztendlich damit erreichten und wie zielführend unsere Arbeit war, finde ich schwer einzuschätzen. Interessant war das Konzept von AMDEL: Neben Sensibilisierungsprojekten für Umweltbelange in Form von Filmen und Arbeitseinheiten bzw. Aufklärungsprojekten verstehen sie sich als Anlaufstelle für die Kinder und Jugendlichen des Viertels. Mit Unterstützung des Personals können sie z.B. Radiosendungen entwickeln und umsetzen und ich hatte den Eindruck, dass ihre Ideen ernst genommen werden und bei den Erwachsenen Gehör finden. Trotz dem Engagement der Angestellten und Freiwilligen, gestalteten sich die Kommunikation und Absprachen mit den Zuständigen tendenziell schwierig. Informationen mussten mehrmals erfragt werden, um annährend präzise Anhaltspunkte zu bieten, was für mich in Anbetracht meiner kurzen Zeit dort und dem Ehrgeiz, trotzdem etwas - sei es noch so klein - erreichen zu können, eine tägliche Herausforderung war. Doch gleichzeitig war es eine gute Übung und meine Ehrlichkeit und Durchsetzungsfähigkeit wurden allgemein positiv aufgenommen. Höhepunkt meiner Arbeit war die Teilnahme am “pré-COP”, einer regionalen Umweltkonferenz, die einerseits darauf abzielt, dass sich die unterschiedlichen Initiativen und NGOs vernetzen und ihre Arbeit vorstellen; anderseits aber auch dazu dient, die Bevölkerung für den im November anstehenden Weltklimagipfel in Marrakesch zu sensibilisieren. Gemeinsam mit drei Mitarbeitern und drei weiteren deutschen Freiwilligen betreute ich den Stand und gab Interessierten über die Arbeit von AMDEL Auskunft. Außerdem hatten wir ein kleines Gewinnspiel vorbereitet: Wir stellten die Verschwendung von Wasser exemplarisch dar, indem wir einen tropfenden Wasserhahn am Stand installierten und das Wasser darunter in einem großen Behälter auffingen. Die Leute sollten raten, wieviel Liter Wasser in 24 Stunden verschwendet werden würden. (Für alle Neugierigen: Bei regelmäßigem, nicht zu schnellen Tropfen kann es sich um 6 bis 7 Liter handeln.) Abgerundet wurde das Programm des pré- COP durch Diskussionsrunden und leckeren Buffets, bestehend aus den typisch kunstvollen, marokkanischen Keksen und Fruchtsaft. An den Wochenenden erkundete ich den Norden Marokkos und besuchte die Städte Tanger, Kénitra, Ifrane, Fès, Meknès und Chefchaouen. Ich bewunderte die Vielfalt des Landes, von der ich durch mein zeitliches Limit im Vergleich so wenig und doch so viel sah: Die breiten Strände von Tanger und Kénitra, die verwinkelten Gassen der großen Médina von Fès, der kleine, aber wunderschön verzierte Palazzo in Meknès oder die schroffen Berge im Rif- Gebirge sind nur wenige Beispiele für den natürlichen und kulturellen Reichtum Marokkos. Noch bereichernder als meine touristischen Aktivitäten waren meine Begegnungen mit den Einheimischen. Marokkaner sind im Allgemeinen ein sehr nettes und gastfreundliches Völkchen; und so erhielt ich häufiger Einladungen zum Essen von Bekannten und konnte sogar einmal einer kleinen Hochzeitsfeier beiwohnen. Mit Freunden ging ich ins Hammam - das arabische öffentliche Bad - und erkundete den Basar. Umgekehrt berichtete ich von meinem Leben in Deutschland, tauschte mich mit Freunden über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten aus und versuchte an einem Kochabend marokkanischen Jugendlichen die deutsche Küche näher zu bringen. Während Kartoffelpuffer mit Apfelmus ganz gut ankamen, erfreute sich der Gurkensalat keiner großen Beliebtheit, schließlich wurde er mit ungesüßtem Joghurt zubereitet, was in Marokko scheinbar wenig Akzeptanz findet. Dazu passt auch das typisch marokkanische Nationalgetränk: der - für uns Deutsche maximal gesüßte - Minztee, der zu jedem Anlass und jeder Tages- und Nachtzeit getrunken wird. Eine wichtige Erfahrung war für mich außerdem der Kontakt mit einem Islam des Alltags, der in so friedlichem Kontrast zu der undifferenzierten westlichen Berichterstattung steht. Seien es die unterschiedlichen Arten des Kopftuchs, die Koranrezitationen im Radio oder die Rufe der Muezzin zu den fünf Gebetszeiten am Tag. Zusammenfassend möchte ich betonen, dass es eine gute Erfahrung für mich war; trotz mancher Hürden und der viel zu kurzen Zeit habe ich viel gelernt und erlebt. Ein Praktikum und das Leben in einer Gastfamilie sind eine gute Möglichkeit, eine fremde Kultur näher kennen zu lernen. Falls Euer Interesse geweckt wurde, könnt ihr einige Erlebnisse auf meinem Blog www.paulinebenin.wordpress.com nachlesen. *** Die von uns wiedergegebenen Berichte von durch uns vermittelte Praktikant/innen spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise von 14km e.V. oder unseren Partnern wider.