Tunesien
Forschen über Dezentralisierung in Tunesien
Praktikumsbericht von Mieke beim Arab Institute for Democracy
Von Oktober bis Dezember habe ich ein Praktikum beim Arab Institute for Democracy (AID) absolviert. Die kleine, tunesische Non-Governmental Organisation verfolgt den Prozess der demokratischen Transition, der mit der Revolution 2011 in Gang gesetzt wurde. Damit soll der Übergang zu einer funktionierenden Demokratie begleitet werden.
Zwischennotiz aus Tunis
Jennifers Bericht nach den ersten Tagen in Tunesien
Jennifer meldet sich aus Tunesien von ihrem Praktikum beim Arab Institute for Democracy (AID)
Frauen in die tunesische Kommunalpolitik
Zwischenbericht von Louisa beim Arab Institute for Democracy in Tunis
Die Zeit verging seit meiner Ankunft in Tunis wie im Fluge. So ist nun schon über die Hälfte meiner Praktikumszeit beim Arab Institute for Democracy in Tunis vergangen. Ich kam etwa eine Woche vor meinem ersten Arbeitstag in Tunis an und verbrachte diese Zeit bei einer sympathischen tunesischen Couchsurferin, da ich zu diesem Zeitpunkt noch auf Zimmersuche war. Die Entscheidung, ohne vorher ein Zimmer zu buchen nach Tunis zu kommen und zunächst zu „couchsurfen“ habe ich im Nachhinein nicht bereut, da ich eine wunderbare Woche mit der Couchsurferin verbrachte, die mich herzlich empfing und mir zusammen mit ihrem Freund ihre Lieblingsorte in Tunis zeigte. Gleichzeitig fand ich ohne größere Schwierigkeiten innerhalb einer Woche ein möbliertes WG-Zimmer in einer Wohnung im Stadtzentrum, die ich nun mit drei sehr netten tunesischen Studentinnen teile. Diese Wohnung hat insbesondere den Vorteil, dass sie in ca. 25 Minuten fußläufiger Entfernung zum Büro des AID liegt. Da öffentliche Verkehrsmittel in Tunis nicht immer zuverlässig sind, kann ich nur empfehlen nicht allzu weit vom Arbeitsplatz entfernt zu wohnen, insbesondere wenn dieser im Stadtzentrum liegt. Das AID ist eine kleine tunesische NGO, die zwar viele Mitglieder und Unterstützer*innen hat, die jedoch im Alltag nicht im Büro anwesend sind. Hier sind meistens 1-2 der Programm-manager*innen anzutreffen, wie zum Beispiel meine Chefin Emna. Ihre Arbeit besteht hauptsächlich in der Vorbereitung und Durchführung von Workshops und Konferenzen, die sich mit Themen wie demokratischer Partizipation und „Local Governance“ befassen. Hier sollen insbesondere junge Menschen über ihre Rechte und Möglichkeiten der politischen Teilhabe informiert werden. Während in Tunesien in der Vergangenheit sehr progressive Frauenquoten für Wahllisten eingeführt wurden, sind Frauen zurzeit leider insbesondere in der Kommunalpolitik noch stark unterrepräsentiert. Daher entstand die Idee, eine Studie zu den „Möglichkeiten und Hindernissen des Empowerments von Frauen in der Local Governance“ durchzuführen, bei der ich Emna nun assistiere. Das Thema ist gerade zum jetzigen Zeitpunkt besonders relevant, da im kommenden Jahr die Kommunalwahlen anstehen, deren Datum nun schon mehrmals verschoben wurde und die nach den Parlaments- und den Präsidentschaftswahlen (zumindest auf formaler Ebene) den letzten Schritt des demokratischen Transitionsprozesses darstellen. Das Thema ist sehr spannend, wobei mir oft selbst überlassen ist wie ich meine Zeit im Büro gestalte und strukturiere. Es ist also viel Selbstständigkeit gefragt und ich verbringe viel Zeit mit Hintergrundrecherchen zu möglichen Interviewpartnern, zum historischen und politischen Kontext Tunesiens sowie zu tagespolitischen Ereignissen. Mir bietet sich hier außerdem eine gute Gelegenheit, mich im Durchführen und Transkribieren von Interviews zu üben, wobei ich gleichzeitig meine Französischkenntnisse auffrische. Des Weiteren habe ich die Gelegenheit, einen Abendkurs in Arabisch am hiesigen Bourguiba-Institut, der staatlichen Sprachschule, zu belegen. In diesem Sinne, kann ein solches Praktikum meiner Meinung nach sehr einsichtsreich sein und stellt eine gute Gelegenheit dar, sich in die Geschichte und aktuellen Geschehnisse in Tunesien hinein zu vertiefen - allerdings unter der Voraussetzung, dass die*der Praktikant*in eigene Fragen an die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation und viel Selbstständigkeit mitbringt. *** Die von uns wiedergegebenen Berichte von durch uns vermittelte Praktikant/innen spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise von 14km e.V. oder unseren Partnern wider.
Tunesien – Ein Land auf der Suche nach seiner Identität
Mit dem Dokumentarfilm “Voices after Revolution” (Stimmen nach der Revolution) von Gisela Baumgratz, Alex Gangl und Nicolas Rolke fand am 25. Juni 2014 im Zille-Haus in Berlin-Moabit der vorläufige Abschluss der Arabischen Film- und Diskussionsreihe von 14km statt. Thema des Films war die politischen Lage in Tunesien unmittelbar nach den Umbrüchen 2011. Auf dem anschließenden Podiumsgespräch gab Amina Gharbi vom Verein zur Förderung der Demokratie in Tunesien den Impuls zu einer lebhaften Publikumsdiskussion. Der Film “Voices after Revolution” porträtiert die nach dem Sturz der Diktatur und den ersten freien Wahlen in Tunesien entfachten politischen Debatten aus der Sicht von tunesischen Menschenrechtsaktivist/innen. Zu Beginn thematisiert der Film die im Rahmen des Verfassungsgebungsprozesses entfachten Streitfragen, wie die Verankerung der Scharia in der Verfassung oder die Rolle der Frau in der tunesischen Gesellschaft. Das Ringen um den Erhalt der Frauenrechte aus dem Jahr 1956, die von islamistischen Kräften am liebsten durch religiöse Bevormundung ersetzt worden wäre, wird als Beispiel angeführt. In diesem Zusammenhang wird auch das Problem der während Ben Alis Herrschaft im Gefängnis radikalisierten und nun gewaltbereiten Salafisten angesprochen. Die für den Film interviewten Aktivist/innen kritisieren die Ziele und Methoden der islamistisch geprägten Regierungspartei Ennahda (2012), die die Wahl mit Propaganda, unrealistischen Versprechungen, der Instrumentalisierung von Religion und mit der nicht eingehaltenen Zusage, die Freiheitsrechte erhalten zu wollen, gewonnen habe. Kurz angerissen werden dabei Themen wie die Verhinderung der Vergangenheitsbewältigung von Anhängern des geflohenen Ex-Präsidenten Ben Ali und die Grundfrage, ob der Islam Lösungen für die ökonomischen Herausforderungen des Landes biete. Insgesamt wurde das Bild eines Landes gezeichnet, dessen politische Öffentlichkeit von einer kaum zu versöhnenden Gegenüberstellung von islamistisch und liberal orientierten Kräften geprägt ist. Im Anschluss erzählte die in Deutschland geborene, in Tunesien aufgewachsene und seit längerer Zeit wieder in Deutschland lebende Amina Gharbi beim Podiumsgespräch, wie sie die Umbrüche in Tunesien und die daraus resultierenden Debatten wahrnahm. Außerdem stellte sie die Tätigkeiten des 2011 gegründeten Vereins zur Förderung der Demokratie in Tunesien vor, der sich unter anderem mit der Frage der Vergangenheitsbewältigung beschäftigt. Einen festen Platz auf der diesjährigen Agenda des Vereins hätten die anstehenden Wahlen in Tunesien. Abschließend stellte sie ihren Eindruck zur Debatte, dass die jungen Tunesier/innen, die ursprünglich die Revolution entfacht hatten, mittlerweile erschöpft wirken. Zumindest auf die im Publikum anwesenden Tunesier/innen traf das nicht zu. Vielmehr begann eine angeregte und sehr sachliche Diskussion über den Film, bei der fast alle Teilnehmer/innen die überzeichnete Gegenüberstellung von “guten Liberalen“ und “bösen Islamisten“ kritisierten, da sie der komplexen Meinungslandschaft Tunesiens nicht gerecht werde. Der Film gebe den islamisch geprägten Parteien keine Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Selbst wenn es einem schwer falle, müsse man als Tunesier/in akzeptieren, dass ein Teil der tunesischen Gesellschaft islamistische Positionen beziehe. Auf absehbare Zeit werde dieser Teil politisch präsent bleiben und dürfe deshalb bei einer ehrlichen Auseinandersetzung um die Zukunft Tunesiens nicht ausgeschlossen werden, ohne dass die Fehler der Ben-Ali-Zeit wiederholt würden. Außerdem gehöre die Religion nicht nur den Islamisten, sondern auch den anderen politischen Lagern. Der politische Islam sei ein Teil Tunesiens. Angemerkt wurde zudem, dass nicht der Islamismus das größte Problem Tunesiens sei, sondern die Frage nach der Identität. Tunesien mit seiner dreitausendjährigen Geschichte befände sich in einem Aushandlungsprozess um seine Identität. Die Menschen des Landes müssten als Berber, als Araber, als Muslime, als Tunesier, als Mann, als Frau, usw. bestimmen, was sie eigentlich sein wollen. In den letzten Jahrhunderten war dies von Kolonialmächten sowie – im Anschluss daran – unter zwei Diktaturen “von oben” vorgegeben worden. Seit der Revolution sei zum ersten Mal seit Langem auch der tunesischen Zivilgesellschaft die Möglichkeit gegeben, sich an dieser grundlegenden Debatte beteiligen zu können. Organisiert und moderiert wurde die Veranstaltung von Andreas Fricke (14km e.V.). Fotografie durch Joe Kaldas, Text Steffen Benzler (14km e.V.). Bei der Organisation halfen Mai Micklisch, Shaza Nady und Anja Gebel (alle 14km e.V.), sowie das Team des Zille-Hauses. Das Restaurant Karthago in Charlottenburg sponsorte tunesische Leckereien. Der Jugendbereich des Zille-Hauses wird getragen vom Evangelischen Klubheim. Wir bedanken uns bei allen Gästen für ihr Kommen! Weitere Informationen zur Lage in Tunesien finden Sie hier: Bertelsmann-Stiftung SWP Blog von Zeineb Ben Othman In regelmäßigen Abständen zeigen wir Filme, die sich mit verschiedenen arabischen Ländern beschäftigen und diskutieren anschließend mit Gästen aus Moabit sowie mit Länder-Expert/innen über die Filme und die aktuelle soziale und politische Situation im jeweiligen Land. Das Projekt wird im Rahmen des Quartiersmanagements Moabit-Ost aus Mitteln des Programms Soziale Stadt (EU, Bund und Land Berlin) gefördert.
Arabischer Film- und Diskussionsabend zu Tunesien, MI 25.06.14
“Voices After Revolution” ("Stimmen nach der Revolution", Dokumentarfilm) am Mittwoch, 25. Juni 2014 um 18:00 Uhr im Zille-Haus, Rathenower Straße 17, Berlin Moabit Wir freuen uns, im Rahmen unserer Arabischen Film- und Diskussionsreihe zum Filmabend zu Tunesien einzuladen. Am 25. Juni zeigen wir den Film „Voices After Revolution“ (Stimmen nach der Revolution) von Gisela Baumgratz, Alex Gangl und Nicolas Rolke (2013; 67 min; Französisch, Englisch, Arabisch, Deutsch - mit deutschen Untertiteln). Im Film schildern tunesische Aktivistinnen und Aktivisten im Jahr 2012, nach dem Sturz der Diktatur und ersten freien Wahlen, ausführlich Ihre Erfahrungen. Der Prozess der Demokratisierung und die Ziele der Revolution scheinen weiterhin viel Engagement zu benötigen. Deshalb kämpfen sie weiter für Menschen- und Bürgerrechte, bessere wirtschaftliche und soziale Bedingungen und die Trennung von Staat und Religion. Auf den Film folgt ein offenes Podiums- und Publikumsgespräch mit einer Expertin und weiteren Gästen zur Situation in Tunesien 2010-2012 und zu aktuellen Entwicklungen sowie zu den Auswirkungen auf tunesische Migrant/innen in Moabit-Ost und Berlin. Die Teilnahme ist frei, um eine freiwillige Spende wird gebeten. Der Veranstaltungsort ist im Jugendbereich des Zille-Hauses in Berlin Moabit, Rathenower Straße 17. Dieser befindet sich im 1. Obergeschoss und ist über die Außentreppe zu erreichen. Die Lage des Zille-Hauses wird Ihnen hier angezeigt. In regelmäßigen Abständen zeigen wir Filme, die sich mit verschiedenen arabischen Ländern beschäftigen und diskutieren anschließend mit Gästen aus Moabit sowie mit Länderexpert/innen über das Thema des Films und die aktuelle soziale und politische Situation im jeweiligen Land, immer auch mit Bezug zu Nord-Süd-Verhältnissen. أمسيةالفيلمالعربي وجلسة حوارحول تونس 25 /ماي/2014، 6:00 مساءً في التزيلي هاوس شارع راتنوفر 17، 10559 موابيت برلين ستقوم مؤسسة 14كم بعرض الفيلم الوثائقي "أصوات ما بعد الثورة" للمخرجين غيزيلا باومغراتز، وأليكس غانغل، ونيكولاس رولكه (67،2013 دقيقة، اللغة العربية والألمانية والفرنسية والإنجليزية مع ترجمة باللغة الألمانية). في الفيلم، يصف نشطاء تونس بوضوح تجاربهم في عام 2012، بعد سقوط الدكتاتورية وإجراء أول انتخابات حرة. سيعقب الفيلم نقاش مفتوح حول الوضع في تونس في ذلك الوقت من الثورة،فضلا عن تداعيات ذلك على المهاجرين التونسين في موابيت وبرلين. الحضورمجاني، والتبرعاتمرحببها. TunesienFlyer zum runter laden und verteilen! Facebook-Event Xing-Event Das Projekt wird im Rahmen des Quartiersmanagements Moabit Ost aus Mitteln des Programms Soziale Stadt (EU, Bund und Land Berlin) gefördert. Einführung zum Film (Gisela Baumgratz, im Juni 2014) Der Film "Voices After Revolution" wird uns von den FilmemacherInnen um Gisela Baumgratz-Gangl von der Fachhochschule Fulda zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns bei Simone Döbbelin aus dem Referat Naher/Mittlerer Osten und Nordafrika, Abteilung Internationale Entwicklungszusammenarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung für die Bereitstellung der Filmkopie.