Libanon
Aktiv für Meinungsfreiheit im Libanon
Bericht vom Praktikum bei MARCH in Beirut
MARCH ist eine lokale Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Beirut, Libanon. Tätig sind im Kern etwa 10 Mitarbeiter, nach Bedarf der jeweiligen Projekte werden Projektkoordinatoren und weitere Angestellte für die Dauer des Projekts eingestellt. Zusätzlich unterstützen Praktikanten die Arbeit. Das kleine Team bewirkt eine flache Hierarchie, an deren Spitze die Mitbegründerin und Generalkoordinatorin steht, welche als Hauptverantwortliche in alle Prozesse eingebunden ist. MARCH widmet sich seit der Gründung 2011 vor vor allem der Meinungsfreiheit und setzt sich für Frauenrechte und Deradikalisierung von Jugendlichen ein. Dahinter steht der Gedanke, eine tolerante und liberale libanesische Zivilgesellschaft zu schaffen. Während meines Praktikums kamen mir verschiedenste Aufgaben zu, hauptsächlich im Büro, wo ich unter anderem bei der Erstellung von Berichten und Förderanträgen helfen konnte. Zudem hatte ich die Möglichkeit, bei einigen Meetings teilzunehmen, um Notizen zu machen und die laufenden Projekte zu besuchen oder zu begleiten. Ich habe mir von diesem Praktikum erwartet, generell einen Einblick in die Arbeit einer NGO zu bekommen. Von Interesse war für mich auch, dass es sich um eine originär libanesische NGO handelt, die vielleicht eine andere Position zum eigenen Land und andere Zugänge hat als internationale Organisationen, die ihre Interessen im Libanon vertreten. Das Praktikum soll mir sowohl als Berufserfahrung dienen als auch zur Orientierung in meinem zukünftigen Berufsfeld beitragen. Zu Beginn des Praktikums sollte ich verstärkt am Social Media Auftritt mitarbeiten, der ein essentielles Mittel der NGO ist, um ihre Außenwirkung und die Reichweite der Projekte zu vergrößern. Neben gelegentlichen kleinen Aufgaben wie Fotos auswählen oder Texte für Posts vorschlagen, war ich aber kaum in diesem Bereich tätig. Während meines Praktikums konnte ich sowohl qualifizierte Aufgaben übernehmen als auch in eher hospitierender Form meine Kollegen im Außendienst begleiten und die Projekte besichtigen. Anfangs war mehr Arbeit zu bewältigen als gegen Ende, wo wenige Aufgaben anfielen und zusätzliche Hilfe durch eine zweite Praktikantin vorhanden war. In den ersten Wochen habe ich an englischsprachigen Meetings mit einem Botschafter, anderen NGOs und mit einem potentiellen Förderer teilgenommen und Notizen geschrieben. Später konnte ich am Förderantrag vor seiner Überarbeitung mitschreiben und nach Abgabe des Antrags an einer Informationsveranstaltung des Förderers für die richtige Handhabung der erforderlichen Berichte teilnehmen. Teilweise habe ich Kontakte in die Datenbank der Organisation eingetragen oder Emails verfasst. Als Teil eines Projekts im Bereich Zensur hat MARCH eine „Know your rights“ Broschüre erstellt, die Informationen über die staatliche Zensur und ihre möglichen Folgen sowie eine Beratungshotline für Betroffene anbietet. Die Gründe für Zensur im Libanon lassen sich etwa in die folgenden Bereiche einteilen: Beleidigung einer der offiziell anerkannten Religionen, heikle politische Themen (Israel, Bürgerkrieg,...), LGBT und andere „unmoralische“ Inhalte, Beleidigung des Staatsoberhaupts oder staatlichen Symbolen. Ein Online Museum mit einer Auflistung aller vergangenen Zensuren soll es ermöglichen, das oft undurchsichtige Thema transparent und öffentlich zu machen. In diesem Zusammenhang werden kurze Berichte erstellt, von denen ich eines zum Thema LGBT und eines zur Beleidigung von Staatsoberhäuptern - vor seiner endgültigen Überarbeitung - selber verfasst habe. Dabei habe ich selber recherchiert, welche Fälle es jeweils 2016 im Libanon gab und einen kurzen Vergleich mit ähnlichen Fällen in Deutschland und Frankreich dargestellt. Hier konnte ich vielleicht am stärksten meine während des Studiums erworbenen Fähigkeiten einbringen, indem ich selbstständig recherchiert, strukturiert und geschrieben habe. Ähnliche Aufgaben fielen etwa an, wenn Dokumente über die Erfolge und Leistungen der Projekte zu aktualisieren oder umzuschreiben waren. In einem anderen Projekt schafft MARCH Bewusstsein für das Problem der Staatenlosigkeit von Libanesen, die von ihren Eltern nicht registriert wurden, was Teile der ohnehin schon benachteiligten Bevölkerung weiter marginalisiert und unter anderem die Wahlberechtigung ausschließt. In einer Kampagne wurden im ganzen Land in Krankenhäusern und bei Treffen mit Bürgermeistern Informationsbroschüren verteilt und die Anwesenden über das Problem informiert und beraten. Einige dieser Besuche konnte ich begleiten, wegen meiner mangelnden Arabischkenntnisse konnte ich dabei lediglich beim Aufstellen der Roll-Ups helfen und Fotos machen. Ein derzeitiges Hauptprojekt in Tripoli nutzte als Methode der Konfliktlösung künstlerische und schauspielerische Fähigkeiten von Jugendlichen genutzt, die wegen eines lokalen Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten in diesem Spannungsverhältnis aufgewachsen sind oder daran teilgenommen haben. Dieses ursprüngliche Theaterprojekt wird heute als Café und Treffpunkt der Jugendlichen weitergeführt und das gesamte Konzept nun auch in anderen konfliktbeladenen Gebieten angewendet. Der Arbeitsalltag hatte aufgrund der wechselnden Aufgaben keine feste Routine, auch die Arbeitszeiten konnten deswegen variieren. Einige Projekte waren nicht vor Ort sondern in Tripoli oder in den Vororten Beiruts, daher waren nicht immer alle Mitarbeiter im Büro anwesend. Die Arbeit im Team war sehr kollegial, auch wenn es natürlicherweise während der Arbeitsbewältigung auch immer mal zu Spannungen kommt. Für mich als Praktikantin war eine der Projektkoordinatorinnen zuständig, die jederzeit für mich da war und die mir die meisten Aufgaben zuteilte. Auch die anderen Kollegen waren für mich ansprechbar, hilfsbereit und ich konnte schon bald ein gutes Verhältnis zu den meisten von ihnen aufbauen. Insgesamt habe ich sehr gerne bei MARCH gearbeitet, die Struktur und Abläufe der Organisation kennengelernt und mein Wissen über ihre Hauptanliegen der freien Meinungsäußerung, Stärkung von Frauenrechten und Konfliktlösung speziell im Libanon vertieft. Auch abgesehen von meiner Arbeit bei MARCH hatte ich eine gute Zeit im Libanon, den ich zum ersten Mal besucht habe. Ich habe mir schon von Deutschland aus ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft gesucht, das in Laufnähe zu meiner Arbeitsstelle war, weil ich nicht abhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln sein wollte. Ich habe mich relativ schnell eingelebt und mich an einige libanesische Besonderheiten des Alltags gewöhnt. Die sehenswerte Kultur- und Feierszene in Beirut erschließt sich von alleine. Vor Ort bleibt es letztendlich nicht aus, dass man Gebiete besucht, die nach - verständlicherweise - sehr vorsichtigen Reisewarnungen des deutschen Auswärtigen Amts besser nicht bereist werden sollten. Besonders sehenswert war für mich Tripoli, wo auch das derzeitige Hauptprojekt von MARCH läuft sowie die Ruinen in Baalbek. Um dem Lärm der Stadt zu entkommen, gibt es zahlreiche wunderschöne Orte außerhalb oder in der Natur, ob am Meer oder in den Bergen. *** Die von uns wiedergegebenen Berichte von durch uns vermittelte Praktikant/innen spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise von 14km e.V. oder unseren Partnern wider.
„Eine sehr faszinierende und prägende Erfahrung“
Praktikumsbericht von David bei himaya in Beirut
Der Grund, warum ich für mein zweimonatiges Pflichtpraktikum in den Libanon gehen wollte, war für mich von Anfang an die Faszination, welche von diesem kleinen von Schwierigkeiten übersäten und doch recht stabilen Land ausging. Der gesamte zweimonatige Aufenthalt im Libanon war eine sehr faszinierende und auch prägende Erfahrung für mich. Die politische Situation im Libanon ist sehr schwierig - vordergründig durch die Krise in Syrien, wegen der über eine Million geflüchtete Syrer im Libanon Schutz gesucht haben. Jedoch auch innenpolitisch ist die Situation nicht leicht. Das Parlament hat es seit über zwei Jahren nicht mehr geschafft einen geeigneten Präsidenten zu finden, da einfach keine Einigkeit zwischen den Parteien hergestellt werden kann. Und diese festgefahrenen Strukturen, die auch oft von Korruption durchlaufen sind, kann man im Alltag deutlich spüren. Dies fängt an mit der unzureichenden Stromversorgung und reicht bis hin zum Müll, der oft auf den Straßen liegen bleibt ohne abgeholt zu werden. Dazu kommen die in nicht allzu ferner Vergangenheit liegenden Konflikte. Der 1991 zu Ende gegangene Bürgerkrieg sowie die bis ins Jahr 2000 anhaltende Besetzung durch Israel und genauso der Israel-Libanon Krieg 2006 sind in den Gemütern der Menschen noch deutlich spürbar präsent. Innerhalb dieses Kontextes zu arbeiten ist alleine schon eine sehr prägende Erfahrung gewesen. Die NGO namens himaya in der ich mein Praktikum absolviert habe ist eine recht große Organisation, die sich mit dem Thema Kindesmissbrauch innerhalb des Landes beschäftigt. Himaya wurde 2009 gegründet und konnte durch große Geldgeber wie UNICEF und die Europäische Union so schnell wachsen, dass es mittlerweile Zweigstellen der Organisation im ganzen Land gibt. Die zwei Schwerpunkte in der eigentlichen Arbeit sind Präventionsprojekte, bei denen in öffentlichen Räumen auch mit Lehrern und Eltern über bestimmte Themen gesprochen wird. Es geht vor allem darum, Fälle von Missbrauch zu vermeiden, jedoch auch sie zu erkennen und einen bestmöglichen Umgang damit zu finden. Außerdem interveniert himaya auch bei Fällen von Missbrauch. Es gibt eine Hotline für Notfälle sowie Psychologen, Mediziner und Sozialarbeiter, welche zur Verfügung stehen um nicht nur den Opfern, sondern auch den Angehörigen unterstützend zur Seite zu stehen. Zudem betreibt die Organisation auch eine eigene Unterkunft, in der rund 30 Jugendliche aus problematischen Umständen Schutz gefunden haben. Seit Beginn der schwierigen Situation in Syrien wurde auch die Arbeit in Geflüchtetenlagern zum festen Bestand von himaya. Ich war angestellt im Bereich Projektmanagement in Beirut. Empfangen genommen wurde ich wirklich wunderbar und ich habe mich auch gleich sehr wohl gefühlt in dem wirklich netten Team. Jeder im Team spricht gutes Englisch, oft wird zusammen zu Mittag gegessen und es gibt auch immer andere Praktikanten/-innen mit denen man sich zusammentun kann. Ich habe zwei wirklich gute Freundinnen während meiner Zeit dort gefunden, mit denen ich dann auch viel außerhalb der Arbeit unternommen habe. Das Praktikum selbst bereue ich auf gar keinen Fall. Ich habe wirklich viele sehr Interessante Einblicke in die Arbeit einer NGO erhalten. Außer den Erfahrungen in der Administration bin ich noch auf Festivals mitgefahren, an denen wir Menschen auf die NGO aufmerksam machen wollten, habe einmal in der Woche einen Tag mit den Kindern in der Dauerunterkunft verbracht, Nationalentreffen mit UNICEF beigewohnt und Feldbesuche gemacht in den Geflüchtetenlagern im Osten sowie in einer Zweigstelle im Norden des Libanon. Nur meine Aufgaben während der Zeit die ich im Büro verbracht habe, empfand ich nicht als allzu sinnvoll. Oft hatte ich auch einfach Phasen, in denen ich nichts zu tun hatte. So kam es schon öfter vor, dass ich angefangen habe private Aufgaben für mein Studium zu erledigen und manchmal bin ich auch einfach früher nach Hause gegangen. In einem Evaluationsgespräch am Ende des Praktikums wurde mir auch nochmal gesagt, wie schwierig es für die Mitarbeiter ist, für zwei Monate einen Praktikanten einzuarbeiten, und im Endeffekt waren diese Leerlaufzeiten auch gar nicht so schlimm. Ich würde dieses Praktikum auf jeden Fall weiterempfehlen mit dem kleinen Tipp nebenbei einen Arabischkurs zu besuchen. Auch wenn man generell gut mit Englisch auskommt, grundlegende Arabische Kenntnisse würden einem helfen mehr im tatsächlichen Feld zu arbeiten. Und das ist das wirklich Interessante an der Arbeit von himaya. Mein Alltagsleben in Beirut war wunderbar und es wird auf jeden Fall einen Grund für mich geben, um eines Tages wieder in den Libanon zu kommen. Ich habe wahnsinnig nette Menschen getroffen und auch wirklich gute Freundschaften geschlossen. Schon auf meinem Hinflug habe ich einen Medizinstudenten getroffen, mit dem ich gleich Nummern ausgetauscht habe. Im Laufe meines Aufenthalts hat er mir viel von der Stadt gezeigt und zusammen haben wir auch Wochenendtrips über das ganze Land gemacht, was bei den kurzen Distanzen überall hin auch wirklich richtig gut geht. Unter der Woche habe ich meistens nachmittags noch etwas mit meinen Kolleginnen aus der Arbeit gemacht oder mit meiner Mitbewohnerin. Untergekommen bin ich in einer 3er WG nahe an meiner Arbeitsstelle. Am Anfang habe ich noch in einem Haus voller Syrer gewohnt, die mich auch wirklich sehr freundlich willkommen geheißen haben, um von dort aus eine geeignete Unterkunft zu suchen. Dies hat auch wirklich gut geklappt. Es gab zwar nicht immer warmes Wasser und die Stromversorgung war wie fast überall in Beirut nicht die beste. Es gab aber einen wunderbaren Balkon, von dem man am Abend mit einer Tasse Tee die südlichen Dörfer auf den Bergen hinter Beirut beobachten konnte. Von meinen Erfahrungen her würde ich den Libanon als weitgehend sicher bezeichnen. Ich bin nie in eine Situation gekommen, in der ich mir ernsthaft Sorgen machen musste. Es ist anfangs vor allem eher anstrengend. Der Verkehr ist wahnsinnig überfüllt und laut. So ist es - bis man sich einigermaßen auskennt - immer wieder ein Kraftakt, sich mit Taxen von Stadtteil zu Stadtteil vorzuarbeiten, bis man seinen Zielort erreicht. Trotzdem würde ich nicht blindlinks alleine durch die Gegend reisen. Wie eigentlich überall auf der Welt ist es sinnvoll mit Freunden zusammen zu reisen, oder sich einer Gruppe anzuschließen. Das lohnt sich dann aber auch wirklich, denn vor allem die Berge und Täler im Libanon sind ein wahnsinnig faszinierender Anblick. Genauso wie all die historischen Städte, die teilweise zu den ältesten der Welt zählen. Zusammengefasst würde ich das Praktikum allen empfehlen die allgemein Lust haben sich mit einer komplizierten politischen Lage und all der kulturellen Vielfalt im Land auseinandersetzen zu wollen. Gesprächen über Armut im Land, Differenzen zwischen verschiedenen Gruppen und über die nach wie vor große Spannung mit Israel kann man kaum aus dem Weg gehen. Man sollte vor allem in Beirut nichts gegen ein massives Großstadtgefühl haben und die Möglichkeit zu schätzen wissen ein wahnsinniges Bergpanorama vor sich zu haben. Zudem - wie schon erwähnt - kommt man zwar mit Englisch wirklich gut aus, ich persönlich bereue aber, dass ich nicht mehr Arabisch gelernt habe. Ich bin 14km sehr dankbar für die Vermittlung zu himaya. Es war eine wunderbare Zeit und ich hoffe, dass in Zukunft mehr Menschen die Möglichkeit bekommen Erfahrungen in diesem faszinierenden Land zu sammeln. *** Die von uns wiedergegebenen Berichte von durch uns vermittelte Praktikant/innen spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise von 14km e.V. oder unseren Partnern wider.
„14 km e.V. war ein wichtiger Weichensteller“
Abschlussbericht von Michael bei SMEX in Beirut
2015 absolvierte ich ein 6-monatiges Praktikum bei der libanesischen NGO SMEX (Social Media Exchange). Die Zeit war reich an Erfahrungen sowohl in persönlicher als auch beruflicher Hinsicht. SMEX ist eine kleine Organisation die sich für digital rights in der arabischen Region einsetzt, also Menschenrechten, die auf das Internet bezogen werden. Ich lernte viel was dem Alltag einer kleinen lokalen NGO angeht – von Projektanträgen über digitale Techniken zur Visualisierung von Daten bis hin zur Konzipierung von Online-Trainingseinheiten für AktivistInnen und JournalistInnen. Meine Chefs waren unkompliziert und nahmen sich meist auch Zeit für mich und ihnen war es wichtig, dass sowohl mir als auch ihnen mein Aufenthalt etwas brachte. Sie unterstützten mich zusätzlich mit einem kleinen Taschengeld, was es erst ermöglichte, dass ich solange bleiben konnte. Als ich bei meiner Suche für ein Praktikum bei einer politischen Organisation im arabischen Raum auf die Homepage von 14 km e.V. stoß, war ich sehr glücklich endlich eine größere Auswahl von verschiedenen Organisationen auf einer Seite gefunden zu haben. Es ist schwierig von außen und ohne Kontakte vor Ort an solche Organisationen zu kommen. Schnell war mir klar, dass für mich SMEX ein idealer Partner sein würde, der mir Erfahrungen bieten kann und ich ihm gleichzeitig auch mit meinem Wissen und Fähigkeiten zur Seite stehen kann. Nach einem Vorstellungsgespräch bei 14 km e.V. wurde dann der Kontakt mit der Organisation vor Ort ziemlich unkompliziert hergestellt. Als ich dann fünf Monate später auch endlich im Libanon eintraf, war ich sehr glücklich um meine Entscheidung und blieb das auch für die Dauer meines Aufenthaltes. Nicht nur die Arbeit, sondern auch das Land und Beirut haben es mir sehr angetan und mir leicht gemacht mich gut einzufinden. Gerade für politisch interessierte Menschen bietet das Land sehr viel und manch einer behauptet auch, dass der Libanon ein guter Einstieg in die Region ist (wenn auch nicht ein gutes Land um die Sprache zu lernen). Es macht auf alle Fälle viel Spaß das Land kennenzulernen, ob es nun die Berge, das Meer oder die Bekkaa-Ebene sind – für jeden ist einiges dabei. Viele Freunde und Kontakte habe ich gefunden und bin auch weiterhin in Kontakt mit ihnen. 14 km e.V. war für mein Vorhaben ein wichtiger Weichensteller, der meinen „Besuch” vor Ort auf jeden Fall viel wahrscheinlicher gemacht hat. Die von uns wiedergegebenen Berichte von durch uns vermittelte Praktikant/innen spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise von 14km e.V. oder unseren Partnern wider.
Barbara Schenkel berichtet von ihrer Zeit als Praktikantin bei unserer Partnerorganisation MARCH im Libanon
Zwei Monate lang war ich Praktikantin bei MARCH Lebanon, einer NGO in Beirut, die gegen willkürliche staatliche Zensur kämpft und sich ebenso für den Aufbau einer Zivilgesellschaft durch ein friedliches Miteinander der verschiedenen Religions- und Bevölkerungsgruppen einsetzt. Diese Verbindung zwischen Kultur- und politischer Bildungsarbeit war für mich als Studentin der Arabistik und Politikwissenschaften sehr spannend, und die Vermittlung des Praktikumsplatzes durch 14km e.V. empfand ich darum als durchweg gelungen. Der Libanon war mir schon durch mein Auslandssemester, das ich vor zwei Jahren in Beirut absolviert hatte, vertraut. Dementsprechend wusste ich bereits einiges über die Geschichte des Landes, das nach zwanzig Jahren immer noch unter konfessionellen Spaltungen und den wirtschaftlichen sowie sozialen Folgen des Bürgerkriegs leidet. Genauso war es aber keine Überraschung für mich, dass Beirut mit seinen vielen Cafés und Bars, der facettenreichen Kunstszene und internationalen Atmosphäre ein sehr spannendes, aber auch forderndes Umfeld ist. Die große Verkehrsbelastung, fehlende öffentliche Plätze und die mangelhafte Wasser- und Stromversorgung beinträchtigen das alltägliche Leben in der Stadt. Viele Ausflüge an der Küste Richtung Norden (Byblos, Batroun) und Süden (Saida, Sour) und in die Berge waren jedoch perfekt, um die dichte Großstadt Beirut am Wochenende gegen frische Luft, wunderbare Landschaften und einen entspannteren Lebensrhythmus einzutauschen. Generell war ich begeistert davon, dass die Freizeit für Libanes_innen selbstverständlich dazu da ist, das Leben zu genießen – sei es am Strand, bei gutem Essen oder einfach nur dabei, Zeit mit der Familie zu verbringen. Doch der Hauptgrund des Aufenthalts sollte ja mein Praktikum bei MARCH sein: Im Laufe meiner Zeit dort beschäftigten mich vor allem zwei große Aufgaben: verschiedene Projektanträge sowie das Aktualisieren der 'Virtual Museum of Censorship' Website. Letztere dokumentiert alle Bücher, Filme, Musik- und Theaterstücke, Websites, Veranstaltungen usw., die nach dem Wissen von MARCH der staatlichen Zensur zum Opfer gefallen sind und/oder immer noch zensiert sind. Zunächst brachte ich die Informationen über den juristischen Hintergrund staatlicher Zensur im Libanon auf den neuesten Stand. Dabei wurde schnell klar wurde, dass diese teilweise ohne rechtlichen Rahmen stattfindet, bzw. die Kriterien für Zensur so unklar formuliert sind, dass sie viel Raum für eine individuelle Interpretation von Zensurgründen wie „Verletzung religiöser Gefühle” (wie z.B. beim Film 'Noah'), „Unsittlichkeit” (z.B. Homosexualität) oder „Aufwiegelung konfessioneller Spannungen” lassen. Auch der staatliche Boykott israelischer Produkte wird in der Praxis oft auf eine Zensur jüdischer oder israelfreundlicher Künstler_innen ausgedehnt. Von der Theorie ging es zur Praxis, ich recherchierte, ob die Musikstücke, die im Museum aufgelistet waren, immer noch nicht zum Verkauf zugelassen waren. Da das Zensurbüro keine offiziellen Informationen hierzu veröffentlicht, arbeitet MARCH mit Importeuren zusammen, die anonym Informationen liefern, welche CDs und DVDs ins Land gebracht werden dürfen und welche verboten sind. Meine zweite große Aufgabe waren mehrere Projektanträge, die ich mitentwarf. Dabei soll z.B. ein Theaterprojekt Jugendlichen verschiedener Religionsgemeinschaften dabei helfen, über konfessionelle Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und sich frei von Vorurteilen kennenzulernen. Auch plant die NGO, mit einem Theaterstück über Zensur durch das Land zu touren, um die Bevölkerung für die willkürlichen Zensurmechanismen, denen die Kunst- und Kulturszene ausgesetzt ist, zu sensibilisieren. Öffentlichkeitsarbeit ist ein extrem wichtiger Bestandteil der Arbeit von MARCH, da keine offiziellen Daten zur Zensur vorliegen und die Menschen somit oft gar nicht wissen, welche Werke aus welchen Gründen zensiert werden. Insgesamt habe ich meine Zeit bei MARCH als große Bereicherung erlebt. Ich habe viele über die Arbeitsweise einer kleinen NGO gelernt, was auch bedeutet, dass der Arbeitsaufwand sehr unterschiedlich ausfallen kann, je nachdem, ob Deadlines oder eine Veranstaltung anstehen. Die Arbeitsatmosphäre in dem kleinen Team war aber sehr entspannt und freundlich, Ideen wurden stets zur Diskussion gestellt und meine Arbeit immer wertgeschätzt. Auf jeden Fall habe ich bei MARCH die Einblicke erhalten, auf die ich vor Beginn meines Praktikums gehofft hatte: ich wollte erfahren, wie NGOs unter widrigen Umständen arbeiten und für Werte kämpfen, die uns in Deutschland vielleicht selbstverständlich erscheinen. Im Fall von MARCH wurde mir klar, dass mehr Öffentlichkeitsarbeit mehr Empörung und somit mehr Druck auf Entscheidungsträger bedeutet, sich für mehr Meinungs- und Kunstfreiheit einzusetzen. Auf jeden Fall kann ich aus diesen zwei Monaten mitnehmen, dass es selbst in einem als liberal geltenden Land keine Selbstverständlichkeit ist, politisch relevante/kritische Musik, Kunst oder Theater machen zu können – aber auch, welche kreativen Möglichkeiten es gibt, für diese Freiheit zu kämpfen.
„I wish I could have stayed more than one month“ – Eugénie Rooke berichtet über ihr Praktikum im Libanon (auf Englisch)
"As I was interested in doing an internship in the MENA-Region, 14km proposed me at the beginning of January 2014 to work with MARCH in Beirut, an NGO which fights against censorship and encourages freedom of expression in Lebanon. I directly went to their website to see their activities and the team: they are young, dynamic, have a lot of cultural and political projects. The work seemed very interesting and, even if I was a little bit afraid of the political situation in this region (civil war in Syria, Hezbollah bomb attacks, affronts in Tripoli, etc.), I agreed to go there. After I spoke with Stephanie, the very kind Youth and Artists Networker at MARCH, about the details I booked my flight tickets. Picture on the left: The team Then I arrived in Lebanon and I spent more than one month in Beirut. MARCH has one office near the city-centre of Beirut, in a very pretty old traditional neighbourhood, just next to Saint-Joseph University. I was surprised to see that the office is a new, clean and big place. MARCH is sharing this big space with another organisation, but it doesn't represent any inconvenience. Picture on the right: The office When I spoke to Stephanie on Skype before going to Lebanon, she told me that I would be integrated in a project which aims to create a theatre play with members and representatives of different religious communities. In fact, this project was not yet launching as I was in Beirut, so I worked on another main project of MARCH, the virtual museum of censorship. This untypical museum is actually a website which registers all that has been censored in Lebanon since the 1940's. This can be books, movies and TV-shows as well as music, theatre plays, press articles, radio shows, events or works of art. I was charged to reorganize and to update the data on the website. I looked for artists, theatre pieces, CD, movies, etc. which are or have been censored in Lebanon but which were not on the website and then I added them to the data base. To fulfil those updating und reorganization tasks I also wrote biographies, add information about some data for the website, corrected mistakes, called and interviewed directors of bookstores, interviewed persons in charge of movies' and music's command in Virgin, read reports on censorship and press articles about cultural life in Lebanon. My main task was to research whether the information on the website was still true, i.e. if that book or that movie is still censored or not anymore, and why, by whom, etc. I found this research task sometimes too repetitive, but at the end I realized that I learnt quite a lot about the censorship mechanisms and the political system in Lebanon. It helped me to better understand the geo-political situation in this area and the relationships between Israel, Palestine and Lebanon, the situation of the refugees, the religious conflicts, etc. I also discovered new books, movies or music that I didn't know before and finally it allowed me to discover the work in a small Lebanese association. I only worked with Lebanese people, who were speaking English, French and Arabic, often in the same sentence. I mostly worked with Linda, a volunteer at MARCH since one year, and Stephanie, the youth and artists networker. I was sometimes alone in the office because the two girls are still studying at the university. We didn't do things together out of the office but they were very nice with me. With MARCH, I also took part in a demonstration against the violence against women on March 8, 2014, the women's day. They created a campaign for this demonstration which was referring to the scandal of Jackie Chamoun, a Lebanese skier who posed naked for a calendar. The motto of MARCH campaign on this occasion was: “What shocks you more?” and was a real success. Pictures on the right: The demonstration on March 8th, 2014 and a BBC press article on the MARCH campaign Two weeks after that demonstration, we shot a video for an association that fights for women's rights. We were asked to represent MARCH as an NGO that fights for the freedom of expression, which includes the freedom of women. Picture on the left: MARCH team during the shooting of the campaign video (Sarah from Marcalea, Linda, Stephanie and me) Linda from MARCH found me an accommodation. I found it expensive for what I got (I didn't have neither hot water nor internet every day), but the accommodations in Beirut are expensive anyway. However, it was a good location (Sodeco Square), near Saint-Joseph University, the French embassy and especially near MARCH office. Picture on the right: A street in Beirut, Achrafieh We can often read in tour guides that Lebanese people are hospitable and very kind; I must say that it is true. As I said above, they often speak Arabic, English and French - especially in the Christian communities. It is not hard to meet and speak with Lebanese people even if we don't speak Arabic. However, it is more convenient to speak at least a few words of Arabic for the everyday life. It is possible to take Arabic courses in Beirut, a lot of organisations or institutes are offering classes. Picture on the left: Raouché, la grotte aux Pigeons, Beirut Picture on the right: Beit Mery, Lebanon I only have one regret: I wish I could have stayed more than one month because Lebanon is such a fascinating country. It is really worth visiting it. Since it is a small country, it is possible to travel in buses, in service (a van or a taxi shared with other people) or in taxi. Public transports don't really exist. To travel in Lebanon is not expensive but could be difficult, because everything is spontaneous, nothing is clearly defined. But this also means that everything is possible. I also went to Jordan, which is also worth it, it's very easy to go there and it is not very expensive. Unfortunately, it might be the only neighbouring country we could visit when we are in Lebanon: of course we can't really go to Syria and it is forbidden to re-enter the Lebanese territory if we have been in Israel... Picture on the left: Wadi Rum, Jordan The political situation in Lebanon is still very tense (there are for example 1 million Syrian refugees in April 2014, which represents 25% of the population) and there are some places where it is difficult to go alone as a European tourist, and furthermore as a European female tourist, such as Baalbeck, the boarder with Syria or the Beqaa valley, but it is still safer in the touristic places and in the other parts of the country. Picture on the right: A building destroyed during the Civil War (on the former “Green Line”, demarcation line separating the Christian and the Muslim factions) Picture in the middle: Rafic Hariri mosque, Beirut Lebanon has a lot of Roman and Phoenician ruins and monuments but they are not very well preserved and just a few policies of conservation of the patrimony exist, so I think we have to enjoy the present time to go to Lebanon before the cultural heritage is replaced by modern constructions or worse, before the war bursts again. We can still see some scraps of the Lebanese civil war (1975-1990) on some monuments, neither the population nor the government have the money to restore those buildings. Near those falling houses, brand new buildings are built, mostly for rich business men from the Gulf States." Picture on the right: Sea Castle, Sidon, Lebanon Picture on the left: Byblos Castle (12th century), Byblos Lebanon is the country of great contrasts and Beirut is a city which is evolving every day. Those are also the reasons why I really loved my experience in Lebanon and why I warmly thank 14km to have given me the opportunity to go there." Die von uns wiedergegebenen Berichte von durch uns vermittelte Praktikant/innen spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise von 14km e.V. oder unseren Partnern wider. The published reports by interns/volunteers on their internships facilitated by 14km e.V. do not necessarily reflect the opinion of 14km e.V. or its partners.